Heiter bis wolkig
Ort: Alter Wasserturm
Bahnhofstraße 15
27374 Visselhövede
Zeitraum: 15.07. - 19.08.2007
Öffnungszeiten: Mi: 17-20 Uhr
Sa,So: 15-18 Uhr
Exponate: Acrylbilder auf Leinwand (siehe Beispiele)

 

Zur Ausstellung

Der Morgen begann mit einem klaren blauen Himmel. Im Laufe des Vormittags ließen sich erste kleinere Wölkchen sehen, die nicht mehr so zart und schmerzlos dahinschmolzen wie an anderen Tagen. Stattdessen wuchsen sie weiter in die Höhe, sodass ihre Unterseite schon bald nicht mehr das angenehme Weiß einer Schönwetterwolke präsentierte. Pünktlich um halb fünf walzte sich dann eine fast schwarze Front über das Land, um der untergehenden Sonne erst nach Sturzbächen zu erlauben, die zerfetzten Wolken in ein orangerotes Flammenmeer zu tauchen.

Wolken und Menschen

Seit Anbeginn der Menschheit hat das Wetter uber Wohlbefinden und Unbehagen, Leben und Tod einzelner Menschen und ganzer Völker entschieden. Götter wohnten im Himmel, schleuderten Blitze, ließen ihren Groll im Donner verhallen und sandten Missernten oder Sintfluten. Heute geleiten uns Regenradar, Goretex, UV-Blocker und Auto wetterfrei ins klimatisierte Büro. Man könnte meinen, dass der moderne Mensch das Wetter überwunden und unter seine Kontrolle gebracht hat. Tornados und Rekordsommer erinnern daran, dass das Gegenteil der Fall ist. So hat es seinen guten Grund, dass die Verwendung von wettergefärbten Attributen zur Beschreibung unserer Gefühle und Stimmungen so aktuell ist wie eh und je. Unbefangen schauen die Kinder mit spielerischem Gemüt in den Himmel und geben den mal zarten, mal gewaltigen Wolkengebilden phantasievolle Namen - Tyrannosaurus in Watte. Und wenn einem sonst nichts mehr einfällt, dann redet man eben über das Wetter. Dazu hat schließlich jeder eine Meinung.

Die kann aber recht differenziert ausfallen: was für viele einfach ein normaler Sommergewittertag ist, besteht fur den Meteorologen aus Castellanus, Cumulus und schließlich Cumulonimbus. Die Klassifikation der Wolkenformen verdanken wir in ihrer ersten Form übrigens dem Chemiker und Hobbymeteorologen Luke Howard (1772-1864), von dessen Vorträgen Johann Wolfgang von Goethe so begeistert war, dass dieser die Wolken wieder ins Zentrum seines wissenschaftlichen Interesses zog, Abhandlungen zu Howard's Wolkenlehre schrieb und diese mit eigenen Wolkenzeichnungen illustrierte.

Wolken und Kunst

Und was sehen Fotografen, Grafiker und Künstler? Tatsächlich besteht der Himmel aus einer Vielzahl von grafisch hochinteressanten und auch attraktiven Szenen, jeden Tag neu und an anderer Stelle - man muss nur hinsehen. Aber wohin genau? Die spektakularen Ausschnitte zeichnen sich durch einen formal-grafischen Aufbau aus, durch landschaftsartige Strukturen, oder einfach nur durch umwerfende Farbkombinationen. Dabei ist immer wieder erstaunlich, welch schöne Farb- und Formdynamik sich beobachten lässt, wenn man für eine gewisse Zeit an einem Ort verharrt und sich dem Himmelstheater hingibt. Es ist eine Einladung zum Träumen und Innehalten, die einen für kurze Zeit dem Alltag entrückt, in eine zeitlose Atmosphäre aus Luft, Wasser und Licht.

Allerdings machen die interessanten Ausschnitte oft nur einen kleinen Teil der gesamten Himmelsfläche aus, welcher erstmal ausgewählt sein will. Und sie sind vergänglicher als man glaubt: bei untergehender Sonne und schnell ziehenden Wolken ist das Szenario, welches einen so begeistert hat, häufig nach wenigen Minuten vorbei und man kommt mit Kamera und Stativ zu spät.

Umso bemerkenswerter sind die künstlerischen Leistungen der Wolkenmaler, die sich diesem Thema im 18. und 19. Jahrhundert widmeten. Die "Entdeckung des Himmels" war ein typisches Thema dieser Zeit. Alexander (1717-1786) und John Robert Cozens (1752-1797) erfassten Wolkenbilder systematisch und veröffentlichten diese 1785/86 in ihrem Maltraktat "New Method". Diese "cloudscapes", Radierungen verschiedener Wolkenformationen, waren als Vorlagen fur Landschaftsmaler gedacht, die den passenden Himmel zu einer Landschaftsszene suchten.

Die Wolke findet sich seitdem bis heute regelmäßig in der Kunst, wie etwa in den großformatigen, beeindruckenden Wolkenbildern des Düsseldorfers Gerhardt Richter (*1932), der in den 80er Jahren knapp 20 meist regenverhangene Wolkenmotive malte, oder in Clemens Zahns 2005 erschienenen Fotoband "Wolken", der Himmelsausschnitte in den unterschiedlichsten Lichtsituationen zeigt.

Ruckblick

Wir halten seit etwa 2003 landschaftslose und ausschnitthafte Himmelsbilder fotografisch fest. Im Laufe der Zeit ist so eine Reihe von kompositorisch und farblich bereits sehr attraktiven Fotografien gewachsen, die die Grundlage fur die malerische Umsetzung der Himmelsimpressionen bildet. Die kleinen und großformatigen Acrylbilder (15x18 cm bis 80x120 cm) haben durch die Verwendung von Pinseln, Schwämmen und Airbrush jedoch eine weitere Verfremdung erfahren. Da sich die Erfahrung sofort meldet, wenn auf einer Himmels-Reproduktion Wolken zu rund oder das Himmelsblau zu grün erscheint, ist einerseits Präzision in der Farb- und Formentreue gefragt. Andererseits bieten aber gerade die ungewohnten Ausschnitte viel Spielraum und Ungewissheit irgendwo zwischen naturalistischer Darstellung und Abstraktion.

Die Ausstellung "Heiter bis wolkig" zeigt einen Teil dieser Arbeitsreihe.

Katrin Peper
Christian Peper